Von Hanna Mienack, Felix Stüter, Lien Schnippkoweit, 2025
Was sind eigentlich Filmfestivals? Filmfestivals sind weit mehr als das reine Schauen von Filmen, denn sie eröffnen Zugänge zu der Vielseitigkeit von Filmen, stärken das reflektierende Verständnis und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Festivalvorstellungen dienen neben der Unterhaltung auch einer Bereicherung des gesellschaftlichen Diskurses. Die Relevanz solcher Events macht sich gerade dann bemerkbar, wenn es um das kulturelle Verständnis für einem unbekannte Glaubens- und Lebensformen geht. Filmfestivals ist es möglich, eine positive Veränderung der Grundwerte unserer Gesellschaft hervorzurufen.

Außerdem wird der Zugang zu Kultur erleichtert und Hemmschwellen werden abgebaut, sodass eine Offenheit für neue Formate bei Menschen, die bisher wenig Kontakt zum Kino hatten, erzielt werden kann. Umso früher sich mit diesen kulturellen Angeboten beschäftigt wird, desto geringere Barrieren entstehen später beim Zugang zur kulturellen Bildung. Als Vorteil bringen Filmfestivals die Medienkompetenzförderung mit sich, da hier ein Reflektieren der Kunst erfolgt, welche gerade auch für Kinder und Jugendliche eine immer größere Rolle spielt und wichtig ist. Außerdem werden sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei allen anderen Festivalgehenden auf Filmfestivals neue Interessen geweckt und das Urteilsvermögen im Umgang mit Filmen geschärft.
Was Festivals so besonders macht, ist außerdem ihre Interaktivität. Ob es mit Filmemachenden ins Gespräch kommen ist oder der Austausch mit dem Publikum nach der Vorstellung (wie in Diskussionen und Debatten), es gibt immer die Möglichkeit, seine Eindrücke zu teilen und neue Perspektiven zu gewinnen. Neben Inspiration trifft man auch auf Filmmachende, die man zum Film befragen kann, oder, wie auf den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen, im Podium bei einer Diskussion erleben darf.
Der Begriff „international“ wird hierbei besonders groß geschrieben – doch nicht im Sinne von bloßer Herkunft. Das Oberhausener Festival überschreitet Ländergrenzen, denn es erzählt über individuelle Lebenswelten, über persönliche Erfahrungen und Geschichten, die weitaus mehr als nur kulturelle Stereotype reproduzieren. Die Zuschauenden werden dazu eingeladen, die Filme mit einem offenen, selbstreflektierten und rassismuskritischen Blick zu betrachten. Im Fokus steht nicht das vermeintlich Fremde, sondern das Menschliche in uns allen. Außerdem sind die gezeigten Geschichten sensibel, so wie sie sensibilisierend sind und das ans Licht bringen, was dem Publikum vielleicht vorher noch unentdeckt blieb. Ihre Inhalte sind divers, manchmal komplex und doch wunderbar einzigartig und individuell – vollkommen unabhängig von ihrer geografischen Herkunft.
Filmemacher:innen von überall her erlauben einen Einblick in ihre Gedankenwelt. Auf der großen Leinwand präsentieren sie das, was sie bewegt, was sie beschäftigt und womit sie zu kämpfen haben. Ihre Werke sind international – aber vor allem persönlich. Aus dem Privaten wird im Kino etwas Universelles, denn alle Beteiligten erleben und spüren das Gezeigte, selbst, wenn sie damit noch nie zuvor in Kontakt traten. Hier geht es nicht um kulturelle Differenz. Es geht um zwischenmenschliche Beziehungen, um geteilte Gefühle, um gemeinschaftliche Diversität und individuelle Perspektiven, die in der Vielfaltdes Festivals sichtbar werden. Es ist ein Ort der Verbindung und der Verbundenheit, selbst über Länder hinaus.
Für Nachwuchsregisseur:innen bieten Filmfestivals außerdem viel Sichtbarkeit, Erfahrungen und Möglichkeiten, sich künstlerisch weiterzuentwickeln, sowie die ersten Preise zu gewinnen. So finden auf den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen internationale, deutsche, NRW- und Kinder- und Jugend-Wettbewerbe statt. Bei diesen Wettbewerben werden Preise verliehen, welche eine unterstützende Geldsumme beinhalten.
Abschließend lässt sich sagen: Filmfestivals werden auch weiterhin in der Zukunft eine bedeutende Rolle erhalten, da sie experimentelle und neue Ausdrucksformen fördern, welche die Vielfalt des Filmbereichs weiterentwickeln.
Für einen tieferen Einblick, folgt ein persönlicher Bericht aus unserer Produktion:
Das Internationale Kurzfilmfestival in Oberhausen war für uns eine sehr aufschlussreiche und interessante Erfahrung. Besonders die Gespräche mit den Regisseur:innen und Besucher:innen nach den Vorstellungen haben dabei geholfen, die Filme besser zu verstehen und aus anderen Perspektiven zu betrachten. Außerdem war es interessant zu sehen, wie unterschiedlich die einzelnen Filme waren. Manche Filme haben persönliche Geschichten über Flucht und Migration, Familienprobleme oder Diskriminierung erzählt, während andere sich allgemeiner mit politischen Problemen wie beispielsweise dem Klimawandel auseinandergesetzt haben. Interessant war auch, dass viele der Filme, die wir gesehen haben, sich mit dem Thema LGBTQ auseinandergesetzt haben. Hierbei ist uns besonders die Dokumentation „Ik Zeg Je Eerlijjk“, von Eva Nijsten, im Gedächtnis geblieben. In dieser Dokumentation geht es um den Lehrer Peter van Maaren, der viele Schulen in den Niederlanden besucht und dort die Kinder in respektvoller und humorvoller Art und Weise über die Themen sexuelle und religiöse Vielfalt aufklärt. Ein weiterer Film, der uns sehr stark im Gedächtnis geblieben ist, ist der Film „Mi Mi Sen Lin Shao Nian“ (Boy in the Secret Forest). Dieser Film wurde von der Taiwanesischen Regisseurin Tsu Yen Tseng produziert und handelt von Verlust, Trauer und dem Umgang mit diesen Gefühlen. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass das Festival für uns alle eine sehr gute und bereichernde Erfahrung war.
Reichel-Heldt (2006). “Kulturpolitische Aufgaben und Ziele von Filmfestivals”. In: Filmfestivals in Deutschland. Zwischen kulturpolitischen Idealen und wirtschaftspolitischen Realitäten. Hildesheim. S. 44-54.
Rodonò, Aurora (2022). Blickwechsel Migration. Überlegungen für eine rassismuskritische Filmvermittlung. Dossier des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum